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DAS GRALSGEHEIMNIS IM WERK RICHARD WAGNERS Landin (Mark), 29. Juli 1906
Vor Mitgliedern - GA 97 Das Christliche Mysterium (A)
#G097-1968-SE246 - Das Christliche Mysterium
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DAS GRALSGEHEIMNIS IM WERK RICHARD WAGNERS
Landin (Mark), 29. Juli 1906
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In Anlinüpfung an Richard Wagners Kunstwerk «Parsifal» will ich einiges über okkulte und geisteswissenschaftliche Wahrheiten bringen. Es besteht ein merkwürdiger tiefer Zusammenhang zwischen der be­deutungsvollen künstlerischen Erscheinung Richard Wagners und der heutigen geistigen Bewegung, welche man Theosophie nennt. Daß Richard Wagner und sein Kunstwerk überhaupt eine ungeheure Summe von okkulter Kraft verkörpern, das ist etwas, was nachgerade zum Bewußtsein der Menschheit kommt. Aber es wird in der Zu­kunft noch etwas anderes klar werden, nänllich, daß wir in Richard Wagner eine Erscheinung haben, in der noch viel mehr lebte, als er selbst wissen konnte. Das ist das Geheimnis vieler bedeutender und besonders künstlerischer Erscheinungen, daß in ihnen eine Kraft lebt, von der sie selbst nichts wissen.
Wenn wir uns auf der einen Seite klarmachen, daß in Richard Wagner viel mehr lebte, als ihm selbst zum Bewußtsein kam, dürfen wir auf der andern Seite nicht vergessen, daß er doch bis zur letzten Stufe der Weisheit nicht hat vorrücken können, und daß sich daher für den Okkultisten Richard Wagners Kunst ganz besonders aus­nimmt. Man muß sich bei Richard Wagners Kunstwerken sagen: In alidem lebt viel mehr - etwas GeheimnisvoI]es, was noch dahintersteht.
Es ist höchst reizvoll, im Hintergrunde die tieferen Strömungen zu sehen. Daß man in Richard Wagner viel mehr, als gewöhulich ge­schieht, finden könne, hat Richard Strauß einmal gesagt. Er führte dazu etwa folgendes aus: Diejenigen, die immer behaupten, man dürfe nichts hinzudenken zu dem, was Richard Wagner geschaffen hat, kommen mir vor wie Menschen, die bei einer Blume auch nichts hin­zudenken wollen. Solche Menschen kommen aber nie hinter das Ge­heimnis der Blume. Ähnlich ergeht es denen, die bei einem großen Künstler sich nichts hinzudenken können.
Richard Wagner hat sich besonders an Stoffe von hoher Bedeutung herangemacht. Immer findet man bei ihm Namen, welche an uralte heilige Traditionen anknüpfen. Was er im «Parsifal» erreicht hat,
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hangt innig zusammen mit der Kraft, die so merkwürdig im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts gewirkt hat.
Wir müssen in tiefe Geheimnisse der Menschheitsentwickelung einen Blick tun, um sei ne Gestalten und Motive zu verstehen. Zu diesem Zweck wollen wir in der Geschichte um einige Jahrtausende zurückgehen. Richard Wagner hat zeit seines Lebens die aliertiefsten Studien über den Menschenzusammenhang und das Geheimnis der Menschenseele getrieben. Er suchte in seiner Jugend das Geheimnis der Reinkarnation zu erforschen. Daß er sich damit beschäftigt hat, zeigt sich in einem Entwurf zu einem Drama, den er 1856 ausgearbeitet hat. Dieses Drama heißt «Die Sieger». Wagner gab die Ausführung dieses Dramas später auf, weil das Problem der «Sieger» für ihn musikalisch nicht lösbar war. Dramatisch allein wäre es für ihn voll­kommen lösbar gewesen. Das Drama hatte folgenden Inhalt: Ein Jüngling im fernen Indien, Ananda mit Namen, aus der Brahmanen­kaste, wird von einem Tschandalamädchen, aus der untersten Kaste, mit Namen Sawriti, geliebt. Ananda wird ein Schüler des Buddha. Er erwidert die Liebe der Sawriti nicht. Sie ist dadurch in die äußerste Betrübnis versetzt. Ananda zieht sich von der Welt zurück und wid­met sich dem religiösen Leben. Dem Tschandalamädchen wird dann durch einen Brahmanen Aufklärung zuteil, warum sie dieses Schick­sal hat. Sie hat in einem früheren Leben als Bralimanin die Liebe des­selben Jünglings, der damals in der Tschandalakaste war, verschmäht. Unter dem Eindruck dieser Lehre wendet auch sie sich dem Buddha zu, und nun werden sie beide Schüler dieses einen Lehrers.
Diesen Stoff hat Wagner 1856 skizziert und ausarbeiten wollen. Was ihm damals nicht gelungen ist, das stand in anderer Weise schon ein Jahr danach vor seiner Seele. 1857 faßte er die große Idee zum «Parsifal». Es ist merkwürdig, wie in einem Augenblick das ganze Mysterium des «Parsifal» in Richard Wagners Seele hineingezogen ist. Es war am Karfreitag 1857 in der Villa Wesendonk, am Zürichsee. Da sah er hinaus in die aufkeimende, aufsprießende und blühende Natur. Und in diesem Augenblick wurde ihm der Zusammenhang zwischen der aufsprießenden Natur und dem Tode Christi am Kreuze klar. Dieser Zusammenhang ist das Geheimnis des Heiligen Gral. Von
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diesem Moment an ging durch Richard Wagners Seele der Gedanke, er müsse das Geheimnis des Heiligen Gral in musikalischer Form in die Welt hinaussenden.
Wenn wir dies eigentümliche Erlebnis in Richard Wagners Seele verstehen wollen, dann müssen wir in der Geschichte um einige tau­send Jahre zurückgehen. Seine schönen Gedanken über die mensch­liche Evolution hat Richard Wagner in seiner Schrift «Heldentum und Christentum» niedergelegt. Wir wollen dazu zunächst die Form der Lehre, die innerhalb Europas zu allen Zeiten bis zum 16. oder 17. Jahr-hundert in Mysteriengesellschaften erteilt wurde, in Betracht ziehen. Mysterien hat es zu allen Zeiten gegeben. In den Mysterien bekam man ein Wissen, welches zu gleicher Zeit Religion war, und eine Religion, welche zu gleicher Zeit Weisheit war. Den richtigen Begriff von einem Mysterium kann derjenige überhaupt nicht bekommen, der nicht den Begriff von einer geistigen Welt hat.
Um uns her haben wir in Stufen ausgebreitet die verschiedenen Naturreiche, Mineralien, Pflanzen, Tiere und Menschen. Wir be-trachten das Menschenreich als das höchste unter diesen vier Reichen. Wie es Reiche um den Menschen herum gibt, die unter ihm stehen, so gibt es auch über den Menschen hinaus höhere Wesen in vielen Stufen. Man hat von jeher die in verschiedenen Stufen über den Menschen hinausragenden Wesenheiten als Götter bezeichnet. Durch die Art der Weisheit, wie sie in den Mysterien den Menschen mit-geteilt wurde, wurde der Mensch in einen bewußten Umgang mit den Göttern gebracht. Einen solchen Menschen bezeichnete man immer, wo es Mysterien gab, als einen Eingeweihten. Er erhielt nicht bloß eine Wortweisheit, sondern erfuhr Tatsachen, die er innerhalb der Mysterien erlebte. Auch heute noch gibt es Mysterien, doch sind sie anderer Natur als jene in den alten Zeiten und im Mittelalter.
In der Zeit, als die Kreuzzüge beginnen, und etwas vorher, finden wir in einer Gegend im Norden von Spanien ein wichtiges Mysterium. Die damals vorhandenen Mysterien nannte man die späteren gotischen Mysterien. Die damals eingeweiht wurden, nannte man die Tempelisen oder Tempeleisen oder die Ritter vom Heiligen Gral. Zu diesen ge­hörte auch Lohengrin. Die Gralsritter stellen in ihrer Gemeinschaft
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etwas vor, was verschieden ist von einer andern Ritterschaft. Diese andere Rittergemeinschaft hatte ihren Sitz in England, in Wales. Alles, was im Mittelalter vom König Artus und seiner Tafelaunde erzähit wird, knüpft an diese andere Einweihungsgemeinschaft an.
In Urzeiten, lange vor der Entstehung des Christentums, bewegte sich ein Menschenstrom auf der Erde von Westen nach Osten. Sehr lange Zeit ist das her. Einstmals befand sich in der Gegend des Atlantischen Ozeans die Atlantis, wo unsere weit zurückliegenden Vorfahren, die Atlantier, gewohnt haben. Alles, was Europa und Asien, bis nach Indien hin, bevölkert hat, waren Nachkommen der Atlantier. Diese Atlantier lebten unter ganz andern Bedingungen als solchen, unter denen Menschen später lebten. Sie lebten ganz hierar­chisch unter der Leitung solcher Einweihungsschulen. Alles Regieren und Herrschen ging damals von Eingeweihten aus. Eine berühmte Einweihungsschule war im Norden des heutigen Rußland. Die Ein­geweihten dort nannte man Trotten. Andere Einweihungsschulen gab es im Westen Europas, wo die Eingeweihten die Druiden hießen. Um Ordnung in die Menschenmassen zu bringen, gingen von diesen Ein­geweihten alle sozialen Einrichtungen aus.
Wir sehen nun in diese allerältesten Schulen hinein. Was für ein Geheimnis wurde da gelehrt? Nur die Formen solcher Lehren ändern sich zu verschiedenen Zeiten. Höchst merkwürdig ist es, daß da das Geheimnis, welches Richard Wagner empfunden hat, zur höchsten Entfaltung gebracht worden ist, nämlich: wie die im Frühling sprießende Natur mit dem Geheimnis des Kreuzes zusammenhängt.
Es handelt sich darum, daß der Mensch sich zunächst klarmacht, daß alle Kraft der Hervorbringung, die außerhalb des Tier- und Men­schenreiches liegt, auch im Pflanzenreich zu sehen ist. Im Frühing sprießt die göttliche Schöpferkraft aus der Mutter Erde hervor. Er­kennen muß man, daß ein Zusammenhang besteht zwischen der Kraft, die hervorkommt, wenn die Erde sich mit einem grünen Teppich be­deckt, und der göttlichen Schöpferkraft. Den Schülern wurde gesagt:
Da draußen seht ihr in den sich öffnenden Blütenkelchen eine Kraft, die sich in den Samenkörnern konzentriert. Unzählige Samenkörner werden aus der Blüte hervorkommen, die, in die Erde gelegt, Neues
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hervorbringen können. Jetzt fühlt man ganz und gar, daß das, was draußen in der Natur vor sich geht, nichts anderes ist, als was auch im Menschen- und Tierreich vor sich geht, was aber bei der Pflanze ohne Begierde, ganz keusch vor sich geht.
Die unendliche Unschüld und Keuschheit, die in den Blütenkelchen der Pflanzen schlummert, sie mußte durch die Seele der Schület ziehen. Weiter wurde ihnen gesagt: Die Blüten öffnet der Sonnen­strahl. Er holt die Kraft aus den Blüten heraus. Zwei kommen sich da entgegen, die sich öfinende Blume und der Sonnenstrahl. Zwischen dem Pflanzenreich und dem göttlichen Reiche stehen andere Reiche, das Tier- und Menschenreich. Alle diese Reiche sind nur ein Über­gang vom Pflanzenreich zum göttlichen Reiche. Im göttlichen Reiche sieht man wieder ein Reich der Unschuld und Keuschheit wie im Pflanzenreich. Im Tier- und Menschenreich sehen wir ein Reich der Begierde.
Aber dann wurde in die Zukunft verwiesen: Schwinden werden einstmals alle Lüste und Begierden. Es wird dann von oben herunter der Kelch sich öffnen, so wie der Kelch der Blume sich öffnet, und herab zum Menschen schauen. Wie der Sonnenstrahl sich in die Pflanze senkt, so wird des Menschen eigene geläuterte Kraft sich mit diesem göttlichen Kelch vereinigen.
Man kann den Blütenkelch der Blume geistig umkehren, so daß er von oben, vom Himmel, sich nach unten neigt, und man kann den Sonnenstrahl umkehren, so daß er vom Menschen sich zum Himmel erhebt. Diesen umgekehrten Blütenkelch, wie es als Tatsache in den Mysterien dargestellt wurde, nannte man den Heiligen Gral. Der wirk­liche Blütenkelch der Pflanze ist der umgekehrte Heillge Gral. Das, was der Sonnenstrahl darstellt, lernt jeder kennen, der Okkultismus kennt, und zwar in dem sogenannten Zauberstab. Der Zauberstab ist das abergläubisch ausgeprägte Symbol für eine geistige Wirklichkeit. Diesen Zauberstab nannte man in den Mysterien die blutige Lanze. In dieser Darstellung sieht man den Ursprung des Gral auf der einen Seite und der blutigen Lanze auf der andern Seite, den ursprünglichen Zauberstab des wirklichen Okkultisten.
Dies sind kleine Andeutungen von ungeheurer Tiefe, bedeutungsvolle
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Wahrheiten, die sich auf dem Gürtel im Norden und Westen Europas abgespielt haben. Richard Wagner hat vieles von diesen Wahrheiten geahnt, ebenso sein Freund, der tiefsinnige Graf Gobineau. Wenn man das ausdrücken soll, was den bis jetzt erwähnten Myste­rien zugrunde liegt, so war es die Kenntnis dessen, was in Tier- und Menschenadern fließt. Ganz mit Recht heißt es in Goethes «Faust»:
«Blut ist ein ganz besondrer Saft.» Blut ist dasjenige, an dem vieles hängt. Wir werden verstehen, was Blut bedeutet, wenn wir uns dar­über klar werden und begreifen, was für eine große Umwälzung sich in den Mysterien vollzogen hat. In alten Zeiten der europäischen Be­völkerung hat man gewußt, daß etwas ganz Besonderes davon ab­hängt, wie die Menschen in Blutsverwandtschaft zueinander stehen. Daher wäre in den damaligen Zeiten niemals die Fortentwickelung dem Zufall überlassen worden. Es wurden alle diese Dinge aus der okkulten Weisheit geregelt. Man wußte: Wenn in kleinen Stammes-gemeinschaften die Fortentwickelung so abgeschlossen war, daß kein außerhalb derselben Stehender hineinkam, so waren bei den daraus hervorgehenden Menschen gewisse höhere Kräfte vorhanden. Man kannte in den Mysterien die Folge des Zusammenwirkens von ver­schieden geartetem Blut. Man wußte auch genau, welcher Stamm für eine Gegend paßte. Man wußte, daß in dem gemeinsamen Blute der Träger bestimmter Menschenkräfte gegeben ist.
Als die uralte Blutsverwandtschaft durchbrochen wurde, ging in den Mysterien etwas Besonderes vor sich. Was ehemals durch die Blutsverwandtschaft erreicht worden war, wurde nun ersetzt durch zwei bestimmte geistige Präparate in den hohen Mysterien. In den niederen Mysterien waren die äußeren Symbole dafür vorhanden. Diese äußeren Symbole waren Brot und Wein. Was als jene zwei Präparate vorlag, es waren Stoffe, die geistig etwas Ämliches be­wirkten wie physisch das Blut in den Adern. Als das alte Hellsehen verlorenging, wurde dies also ersetzt durch den Genuß dieser Prä­parate. Wenn man die ganze theosophlsche Weisheit gelernt hatte, bekam man damals diese Symbole aus der Schale mit dem Ceridwein. Das war es, was als geläutertes Blut aus dem von oben herab sich öffnenden Kelch den Menschen gegeben werden konnte. Es ist dies,
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was als das eigentliche Mysterium besteht, dann auf eine sehr kleine Körperschaft übergegangen.
In andern Gegenden Europas sind die Mysterien verfallen und auf eine abscheuliche, abstoßende Weise profaniert worden. Da findet man als Symbol des Opfers eine Schale, in die ein blutendes Haupt gelegt wurde. Man hatte die Meinung, daß in dem Menschen durch den Anblick dieses Hauptes etwas erweckt werden könne. Was da vorgenommen wurde, war schwatze Magie. Es war der Gegensatz zu dem Geheimnis des Heiligen Gral.
Man wußte damals, daß das, was im Blütenkelch nach oben strömt, im menschlichen Blute lebt. Das mußte wieder rein und keusch wer­den wie der Blütensaft. Jn den entarteten Mysterien hat man das in eine grobe materialistische Form gebracht. Im Norden brauchten sie als Symbol in den Mysterien das sublimierte Blut und in den eleusi­nischen Mysterien den Wein des Dionysos und das Brot der Demeter. Das abscheulich gemachte Gralsgefäß mit dem blutenden Haupte finden wir wieder bei der Herodias mit dem Haupt des Johannes. Sie lacht über das profanierte Mysterium.
Das eigentliche Geheimnis der hohen Mysterien ist übergegangen auf die Tempeleisen im Norden Spaniens, die Gralshüter. Während die Ritter des Artus sich mehr mit den weltlichen Angelegenheiten befaßten, konnten die Tempeleisen vorbereitet werden, ein noch höheres Geheimnis aufzunehmen, nämlich zu verstehen das große Geheimnis von Golgatha, das weitgeschichtliche Mysterium.
Das Christentum ist hervorgegangen aus dem allerstärksten Völker-gemisch, den Galiläern, aus denen, die ganz fremd draußen stehen, außerhalb aller Blutsgemeinschaft. Der Heiland ist derjenige, der mit seinem Reiche ganz und gar nicht mehr fußt auf der alten Bluts-gemeinschaft, der jenes Reich begründet, das jenseits aller Bluts-gemeinschaft liegt. Das sublimierte Blut, das Blut, das geläutert ist, sprießt aus dem Opfertode, dem Reinigungsprozeß, hervor. Das Blut, das Wünsche und Begierden erzeugt, das muß rinnen, geopfert wer­den, hinfließen.
Das heilige Gefäß mit dem geläuterten Blut wurde nach Europa zu den Tempeleisen auf dem Berge Montsalvatsch gebracht. Titu rel, der
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Annherr, hat den Gral empfangen, vorher war er ersehnt worden. Jetzt war die Überwindung des Blutes vor sich gegangen. Es war das rein Physische des Blutes durch das Geistige überwunden worden.
Nur wenn man das Blut nicht bloß, wie der Materialist, als aus chemischen Bestandteilen zusammengesetzt ansieht, kann man ver­stehen, was sich auf Golgatha vollzogen hat. Es ist im höchsten Grade bemerkenswert, daß Richard Wagner nur dadurch die fromme Stim­mung zum «Parsifal» finden konnte, daß er wußte: Es handelte sich nicht allein um den Tod des Erlösers, sondern um das Blut, das ge­reinigt war, das etwas anderes war als das gewöhnliche Blut. Er spricht selbst von dem Zusammenhang des Erlöserblutes mit der ganzen Menschheit: «Fanden wir nun dem Blute der sogenannten weißen Rasse die Fähigkeit des bewußten Leidens in besonderem Grade zu eigen, so müssen wir jetzt im Blute des Heilands den Inbegriff des bewußt wollenden Leidens selbst erkennen, das als göttliches Mit­leiden durch die ganze menschliche Gattung, als Urquell derselben, sich ergießt.»
Ferner sagt Richard Wagner: «Das Blut in den Adern des Erlösers dürfte so der äußersten Anstrengung des Erlösung wollenden Willens zur Rettung des in seinen edelsten Rassen erliegenden menschlichen Geschlechtes, als göttliches Sublimat der Gattung selbst entfiossen sein.»
Weil der Erlöser aus der größten Völkernischung hervorgegangen ist, war sein Blut das Sublimat alles Menschenblutes, das Menschen-blut in der gereinigten Gestalt.   .
Richard Wagner ist an das Urgeheininis herangegangen wie kaum ein anderer. Gerade die Kraft, mit der er dies tat, macht ihn zum großen Künstler. Man darf ihn nicht bloß als einen gewöhnlichen Musiker nehmen, sondern man muß ihn als einen tiefen Erkenner sehen, der für die moderne Menschheit die tiefen Geheimnisse des Heillgen Gral wieder verkörpern wollte. Bevor Richard Wagner den «Parsifal» gedichtet hat, wußte man in Deutschiand nicht viel von den Mysterien und den Gestalten, die Richard Wagner dann gebracht hat.
Man unterschied bei der Einführung in die Mysterien drei Stufen, durch die der Mensch hindurchgehen mußte. Die erste Stufe war die
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Dumpfheit, die zweite Stufe war der Zwifel, die dritte Stufe war die Saelde. Die erste Stufe war die, auf welcher der Mensch von allem Vorurteil der Welt hinweggeführt wurde, hingewiesen wurde auf die Kraft seiner eigenen Seele, seine eigene Liebeskraft, damit er das innere Licht leuchten sehen konnte. Die zweite Stufe war der Zwifel, Zweifel. Dieser Zweifel an allem kommt auf der zweiten Stufe der Einweihung, und er wird auf einer höheren Stufe hinaufgehohen in die innere Seligkeit = Saelde. Dies war die dritte Stufe, das bewußte Zusammenführen mit den Göttern.
Perceval - dringe durch das Tal! -, so wurden im Mittelalter solche Einzuweihende genannt. Das alles mußte Parsifal erfahren als Er­lebnis. Durch eine merkwürdige Genialität hat Richard Wagner das an jenem Karfreitage 1857 gefühlt, was als der leitende rote Faden durch die ganze Entwickelung des Parsifal hindurchgehen mußte.
Die Tempeleisen waren die, welche das innere, das wahre Christen­tum vertraten gegenüber dem Kirchenchristentum. Man kann überall im «Parzival» des Wolfram von Eschenbach sehen, wie er den Geist des inneren Christentums hinstellen wollte neben das Kirchenchristentum.
Es bestanden im Mittelalter noch Überreste der alten profanierten Mysterien. Alles, was dazugehört, das wird zusammengefaßt unter dem Namen Klingsor. Er ist der schwarze Magier gegenüber der weißen Magie des Heillgen Gral. Richard Wagner hat ihn auch den Tempeleisen gegenübergestellt.
Kundry ist die wiedererstandene Herodias. Sie symbolisiert diejenige Kraft, die die Hervorbringungskraft der Natur ist, die beides, keusch und unkeusch sein kann, aber ungeleitet. Dem Keuschen und dem Unkeuschen liegt ein Einheitliches zugrunde, und es kommt hierbei darauf an, wie man in den Wald hineinruft. Die Produktions kraft, die sich in den Pflanzen in den Blütenkelchen zeigt, durch die andern Reiche hinauf, ist dieselbe wie in dem Heiligen Gral. Sie muß nur die Läuterung empfangen in der reinsten, edelsten Form des Christen­tums, wie es sich im «Parsifal» zeigt.
Kundry mußte eine schwarze Zauberin bleiben, bis Parsifal sie er-löste. Die ganze Gegenüberstellung des Parsifal mit der Kundry atmet den Duft tiefster Weisheit. Richard Wagner hat mehr als ein anderer
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dafür gesorgt, daß man das aufliehmen konnte, ohne davon zu wissen. Richard Wagner war ein Missionar, der  Welt das Bedeutungsvolle übermitteln sollte, ohne daß die Menschheit diese Wahrheit wußte.
Wolfram von Eschenbach hat ein schmuckloses Epos geschrieben, den «Parzival». Das genügte für seine Zeit. Es gab damals Menschen, die eine gewisse Gabe der Hellsichtigkeit hatten, die Wolfram von Eschenbach verstanden. Aber die tiefe Bedeutung jenes Vorganges den Menschen im Drama deutlich machen, war im 19. Jahrhundert nicht möglich. Doch gibt es ein Mittel, zum Verständnis zu wirken, auch ohne Worte, ohne Begriffe, ohne Idee. Das Mittel ist die Musik. Die Wagnersche Musik enthält alles das, was an Wahrheiten in dem «Parsifal» liegt. Die Zuhörer empfangen durch die eigentümliche Wagnersche Musik in ihrem Ätherleib ganz besondere Schwingungen. Darin liegt das Geheimnis der Wagnerschen Musik. Man braucht die Dinge gar nicht wirklich zu verstehen, aber man bekommt ihre wohl­tätigen Wirkungen durch den Ätherleib. Der Ätherleib hängt mit allen Wallungen des Blutes zusammen. Richard Wagner hat das Ge­heimnis des gereinigten Blutes verstanden. In seinen Melodien liegen die Schwingungen, die im Ätherleibe des Menschen sein müssen, wenn er sich so läutert, wie es nötig ist, um das Geheimnis des Heiligen Gral zu empfangen.
Die eigentümliche Art, wie Richard Wagner in seinen Schriften schreibt, ist nur dann ganz zu verstehen, wenn man sich auf das ein­läßt, was hinter Wagner stand. Er war sich klar darüber, daß der menschliche Wille eine ganz besondere Beleuchtung vom Geiste aus empfängt. Er sagte, der Wille ist zunächst das Grobe, das Instinktive; dann verfeinert sich das immer mehr. Der Intellekt wirft sein Licht auf den Willen, und der Mensch wird leidbewußt, und durch das Be­wußtsein des Leidens wird eine Läuterung herbeigeführt. Anknüp­fend an seinen Freund, den Grafen Gobineau, sagt er: «Ist beim Überblick aller Rassen die Einheit der menschlichen Gattung unmög­lich zu verkennen, und dürfen wir, was diese ausmacht, im edelsten Sinne als Fähigkeit zu bewußtem Leiden bezeichnen, in dieser Fähig­keit aber die Anlage zur höchsten moralischen Entwicklung erfassen, so fragen wir nun, worin der Vorzug der weißen Rasse gesucht werden
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kann, wenn wir sie durchaus hoch über die andern stellen müssen. Mit schöner Sicherheit erkennt ihn Gobineau nicht in einer ausnahms­weisen Entwicklung ihrer moralischen Eigenschaft selbst, sondern in einem größeren Vorrate der Grundeigentümiichkeiten, welchen jene entfließen. Diese hätten wir in der heftigeren, und dabei zarteren, Empfindlichkeit des Willens, welcher sich in einer reichen Organisa­tion kund gibt, verbunden mit dem hierfür nötigen, schärfrren In­tellekte, zu suchen; wobei es dann darauf ankommt, ob der Intellekt durch die Antriebe des bedürfnisvollen Willens sich bis zu der Hell­sichtigkeit steigert, die sein eigenes Licht auf den Willen zurückwirft und in diesem Falle durch Bändigung desselben zum moralischen Antriebe wird.»
Richard Wagner spricht hier von dem eigentlichen Vorgang der Abspiegelung des Intellekts auf den Willen des dadurch hellsichtig werdenden Menschen.
Es handelt sich bei Richard Wagners Schaffen um eine religiöse Vertiefung der Kunst, zuletzt aber um ein tiefes Verständnis des Christentums. Er wußte, daß in der musikalischen Gestalt das Christentum am besten zum Vorschein kommen kann. Durch die Er­hebung zu den inneren Geheimnissen der Weltenordnung erlangt man auf der einen Seite das Wissen, aber auf der andern Seite auch die wahre Frömmigkeit. Es gibt eine menschhche Entwickelung, welche die Bedeutung dieser Tatsache des Christentums erkennen lehrt.
 
 
 
 
 

   

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